Der menschliche Einfallsreichtum ist unser größter Aktivposten, der jedoch in einer fortschreitenden Gesellschaft wie der unseren ständig an Wert verliert, da der Einzelne ihn immer weniger braucht bzw. gebrauchen muss.
Mit Erstaunen stellen immer wieder Neueinsteiger im Bereich des Selbstverteidigungstrainings fest, dass es keine Abkürzungen oder den kurzen Weg zum Erfolg gibt. Man ist gezwungen Zeit und Anstrengung zu investieren um in diesem Bereich vorwärts zu kommen und dabei ist auch wieder Findigkeit und Einfallsreichtum gefragt.
Wissen und Fähigkeiten sind nicht zu unterschätzen
Man sollte sich nicht nur auf Technologien verlassen! In der historischen Schlacht von 1879 kämpften die Zulu Krieger gegen die Britischen Streitkräfte. Hier haben wir ein großartiges Beispiel einer „modernen“ und technisch fortgeschrittenen Armee (die Britischen Streitkräfte), die von einer unterlegenen Armee, die als primitiv angesehen werden kann, (die Zulus) und die nur auf menschlichem Einfallsreichtum und Kriegereigenschaften basiert, besiegt wurde.
Hier eine kurze Zusammenfassung:
Die Geschichte des Afrikanischen Widerstandes 1879 wurde von den Britischen Soldaten mit folgenden Worten umschrieben:
„sie […] kämpfen wie Löwen und haben keine Furcht vor dem Tod“.
Gehen wir zurück zum 22. Januar 1879 als die Zulus die Britischen Streitkräfte bei Isandhlwana schlugen. Nicht ein Einziger gab ihnen nur den Hauch einer Chance, aber sie fanden einen Weg zu gewinnen, selbst gegen einen technisch weit überlegenen Gegner.
„Die, die sich die Zeit nehmen nach einem Weg zu suchen um zu gewinnen, werden normalerweise auch einen finden!“
Britische Soldaten waren damals mit einem Martini-Henry-Gewehr, Kaliber 45, ausgerüstet. Ähnlich der Springfield ein sehr akkurates Gewehr, aber eigentlich handelte es sich hierbei um eine Sportwaffe. Die Martini-Henry überhitzte leicht bei Dauerfeuer, was auch die Ursache dafür war, dass verbrauchte Patronen nicht automatisch ausgeworfen wurden, sondern aus der Waffe per Hand entfernt werden mussten. Wenn die Soldaten aus diesem Grund ihre Gewehre senkten, hatten sie zu ihrer Verteidigung nur ihr Bajonett und ihre Pistole zu Verfügung.
Zulu Krieger waren mit einem Schild aus Tierhaut und einem kurzen Speer bewaffnet, welchen sie mit einer tiefen, stoßenden Bewegung einsetzten. Zulus waren Meister der Massenformation. Sie konnten wie ein Mann rennen, die Richtung wechseln und Deckung nehmen als ob alle über ein Hirn gesteuert würden.
Genauso gleichzeitig sangen sie, stampften mit den Füssen auf den Boden und schlugen ihre Speere gegen ihr Schild. Dieser Lärm war ohrenbetäubend. Sie gingen aus den abscheulichsten Begebenheiten hervor als wäre nichts geschehen.
Sie vertrauten darauf, dass sie gegen die Britischen Infantriesoldaten bestehen konnten, besonders wenn diese im Gelände verstreut waren und mit Gewehren zu kämpfen hatten, die leicht überhitzten. Die Briten vertrauten auf ihre technologische Überlegenheit, vertreten durch das Martini-Henry Gewehr, Artillerie, Raketen und den Gatling-Maschinengewehren. In einem späteren Stadium dieses Krieges waren es durchaus diese Waffen, die die Angriffe der Zulus zerbrachen und zwar ohne große Verluste auf der Britischen Seite, aber aktuell interessiert uns die Schlacht bei Isandhlwana.
Entschlossenheit und Furchtlosigkeit
Die Zulus erlangten einen wohlverdienten, fast mythischen, Ruf für ihre Tapferkeit während des Zulu Krieges, aber die Wahrheit ist, dass ihr Erfolg in den anfänglichen Schlachten unter anderem auch auf der Britischen Überheblichkeit und Inkompetenz basiert. Die Zulus waren den Briten technisch weit unterlegen. Ihre Hauptwaffe war ein kurzer Stoß-Speer, auch Iklwa genannt und zwar nach dem Geräusch das diese Waffe erzeugt, wenn sie in den menschlichen Körper eindringt. Eine andere Waffe die zum Einsatz kam war der Knob-Kerrie, eine Art Streitkolben. Diese beiden Waffen machten es erforderlich, dass man nahe an den Gegner heran musste.
Die Zulus waren sehr mobil und konnten große Distanzen viel schneller überbrücken als die Briten. Machten sie ihren Gegner aus, brachten sie sich unverzüglich in Formation. Man spricht hier von der berühmten Büffelhorn-Taktik (i’mpondo zankhomo), diese wurde 1816 unter Shaka Zulu eingeführt. Die „Hörner“ kreisen den Gegner ein, während der „Kopf“ ihn attackiert. Die Reserve sitzt mit dem Rücken zum Kampfgeschehen, bereit bei Bedarf einzugreifen. Bei Isandhlwana überwanden die Zulus blitzschnell die 5 Meilen zum Britischen Camp, umzingelten das Lager, griffen die Truppen an und besiegten diese im Nahkampf.
Das Britische Militärsystem war eines der fortschrittlichsten der Welt – Das Militärsystem der Zulus war dagegen primitiv, die Zulukrieger waren ausgerüstet mit Speeren und Schilden aus Tierhaut. Ihre primäre Taktik war das Ausnutzen ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit und das Wissen um den Vorteil ihrer Waffen gegenüber dem des Britischen Gewehrs im Nahkampf.
Man kann hier zu dem provozierenden Schluss kommen, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit nichts gelernt hat. Arrogante und egozentrische Menschen manövrieren sich eben durch ihre Arroganz und ihre Egozentrik immer wieder in ein Desaster.
Das Model unserer westlichen Art des Denkens verfällt immer mehr dem Irrglauben, dass es durchaus vertretbar ist die Ausbildung und Stärkung der menschlichen Ressourcen zu vernachlässigen, dies jedoch transformiert den Menschen in eine verwässerte Form seiner Selbst und bringt ihn in technische Abhängigkeit.
In Hinblick auf Selbstverteidigungstraining wissen wir heute mehr denn je, dass es keine Abkürzung bezüglich der Trainingsmethoden gibt und dass die Technologie zweitrangig ist. Sollten wir nämlich unsere wahren menschlichen Fähigkeiten und das Wissen zu Kämpfen verlieren, wird uns auch die beste Waffe in der Hand nicht viel nützen.
verfasst von Jörg Kuschel, Quellenangaben:
Newsletter der Kapap Academy aus dem Jahr 2010, hier: Artikel von Albert Timen & Avi Nardia